„Meine Heilung ist bereits in vollem Gange“
Louise L. Hay
Im August 2015 habe ich erfahren , dass meine Tumormarker wieder steigen und damit einhergehend noch weitere sechs Monate Chemotherapie anstehen. Das war eine sehr schwierige Zeit und ich war phasenweise richtig mutlos und depressiv. Kurz darauf hat mir meine liebe und enge Freundin Christa ein Buch mit dem zunächst kitschig klingenden Titel „wahre Kraft kommt von Innen“ von Louise L. Hay geschenkt, indem es darum geht durch positive Gedanken und Selbstliebe die Selbstheilungskräfte zu aktivieren.
Louis L. Hay ist eine amerikanische Autorin, die mit ihren Büchern und ihrer Arbeit weltweit bekannt geworden ist. Mich hat vor allem Louis Hay’s Geschichte sehr berührt. Sie kommt nicht aus privilegierten Verhältnissen, sondern hat in ihrem Leben sehr viel Leid erfahren. Sie ist eine sehr offene Frau und berichtet im Film zu ihrem Leben „you can heal your life“ offen davon, als Kind Gewalt erfahren und sexuell missbraucht und vergewaltigt worden zu sein und mit 16 einen Schwangerschaftsabbruch durchgeführt zu haben. Sie kommt aus sehr armen und benachteiligten Verhältnissen und hat ihr Leben sprichwörtlich herumgedreht. Sie wurde auch bekannt, nachdem sie sich rein mit komplementär-medizinischen Maßnahmen selbst von Vaginalkrebs geheilt hat.
Louise Hay’s Weg zur Selbstheilung und ihre gesamte Lebensphilosophie basiert auf bedingungsloser Selbstliebe und auf der Kraft positivem Denkens. Sie hat eine Philosophie geprägt, die dann in vielen „New Age“ Kreisen als „the secret“ oder „law of attraction“ bekannt wurde. Die Grundprämisse ist, dass wir unsere gesamten Lebenserfahrungen selbst kreieren, und zwar als Spiegelung oder Produkt unseres Denkens und interner Dialoge. Somit sind wir laut Louise Hay einerseits zu 100% verantwortlich für alle unsere Erfahrungen und haben damit aber auch 100% Macht und Möglichkeit diese zu beeinflussen.
Gleich vorweg: Was positives Denken und Affirmationen nicht sein sollen
Ich habe verschiedene Ansichten zu Zugängen wie dem „Law of attraction“ was Gesetz der Anziehung heißt. Oftmals wird dieser meiner Erfahrung nach verkürzt verstanden. Anstelle zu einer Welt beizutragen, in der alle Menschen ein gutes Leben haben können, geht es dann darum, sich selbst im neoliberal-kapitalistischen Konkurrenzkampf „erfolgreich“ zu positionieren. Manche Menschen verstehen diesen Ansatz sehr oberflächlich und sind nur im außen orientiert.
Ebenso fand ich es natürlich anfangs auch ziemlich komisch mir zu denken, dass man selber Krebs erschaffen hat durch negative Gedankenmuster. In gewissen Sinne deckt sich diese Philosophie auch mit dem Konzept oder der Idee von Karma aus buddhistischen und hinduistischen Traditionen. Egal weswegen oder woher eine Erfahrung oder Krankheit resultiert, wenn in meinem Körper Krebs wächst, dann habe „ich“ ihn irgendwie auch gemacht, da ich ja mein Körper bin. Ich verstehe es als Möglichkeit die Situation anzunehmen, wie sie ist.
Wichtig dafür ist sich von Schuldgefühlen zu lösen, was auch ein wichtiger Teil in Louise Hay’s Arbeit ist. Im Endeffekt ist dieser Gedanke der 100prozentigen Verantwortung einfach eine weitere Möglichkeit Sinn in einer Krankheit / einer Situation für sich zu finden und Handlungsspielraum zurückzugewinnen.
Falsch verstanden kann dieser Ansatz aber auch dazu führen, dass Menschen, die krank sind, oder z.B. ihre Krebserkrankung nicht bezwingen, sich auch noch schuldig fühlen. Wenn man alle Lebenserfahrungen selbst erschafft und sich selbst heilen kann durch positives Denken, was ist dann mit Menschen, die es nicht „geschafft“ haben?
Ebenso kann es total Druck machen und ist das schlimmste Gift zu denken, mensch müsste „immer positiv denken“ um gesund zu werden. Ganz im Gegenteil. Die Therapeut_innen und Ärzt_innen vom „Block Center for Integrative Cancer Medicine“, über das ich an anderer Stelle mal geschrieben habe, sprechen sogar vom gegenteiligen Effekt. Negative Gedanken zu unterdrücken, weil man denkt, diese müssen vermieden werden, schwächen das Immunsystem, da es Stress auslöst und Energie kostet. Hingegen kann sich selbst anzunehmen, mit allen positiven und negativen Gedanken und Gefühlen, sich positiv auf die Überlebensrate auswirken. (vgl. Block 2009: 214f.)
Es geht in diesem Artikel deswegen sicher nicht darum eine Norm aufzustellen, immer positiv sein zu müssen! Es ist normal, dass wir Menschen verschiedene Gedanken und Gefühle haben. Alle sind willkommen und dürfen Platz haben. Die Arbeit an Mitgefühl für uns selbst und Achtsamkeit hat ja eben zum Ziel mit allen Erfahrungen, die im Jetzt stattfinden, präsent zu sein und aus dem Bewertungsschema „gut/schlecht“ auszusteigen.
Drei Schritte mit positiven Gedanken in die Kraft zukommen
Für mich war das Hilfreiche an diesem Ansatz, den inneren Dialog achtsam zu beobachten, aktiv positive Gedanken einzubauen und sich der eigenen Selbstheilungsfähigkeiten bewusst zu werden. Ich habe mich auf die Botschaft von positivem Denken, Selbstliebe und Affirmationen konzentriert.
Ein anderes Wort für Affirmation könnte Zustimmung, Beteuerung oder Bejahung sein. In meinem Verständnis geht es Louise Hay darum zu zeigen, dass, wenn wir unser Denken, positiv gestalten, auch positivere Erfahrungen und Ereignisse in unsere Leben treten. Eine Möglichkeit darauf einflus zu nehmen ist, mit positiven Aussagen über sich selbst, mit Affirmationen zu arbeiten.
Wie auch immer mensch zum „law-of-attraction“ stehen mag. Ich kann aus Erfahrung sagen, dass ein bewusstes Arbeiten mit Affirmationen mein Leben und meine Gesundung sehr zum Positiven verändert hat. Wie ich in der Einleitung erwähne, geht es für mich immer darum, ein inneres Klima von Akzeptanz und Eigenliebe zu schaffen und dadurch im Idealfall Selbstheilungskräfte zu aktivieren.
Anbei habe ich drei Werkzeuge zusammengefasst, die für mich sehr hilfreich waren: den eigenen Dialog wahrnehmen, an Selbstliebe arbeiten und Affirmationen verwenden.
1. Schritt – Den eigenen inneren Dialog wahrnehmen
Louise Hay verweist wie auch viele Meditationslehrende darauf, dass es wichtig ist, sich zu trainieren, einfach einmal wahrzunehmen, was wir denken. Es geht also darum Gedanken zu beobachten.
Durch meine Erkrankung habe ich mich, dass erste Mal wirklich damit auseinandergesetzt und gesehen, wie ich denke. Und dass ich hunderte, tausende Male am Tag negative, abwertenden, kritisierende Gedanken über mich denke. Besonders meinem Körper gegenüber hatte ich andauernd negative Gedanken oder Vorwürfe, schon vor dem Krebs. Dauernd hatte ich mich selbst beschwert, dass ich das habe, oder erkältet bin oder nicht stark genug oder zu viel so und zu wenig so. Ebenso hatte ich dauernd Gedanken nicht gut genug zu sein, mehr leisten zu müssen, eigentlich dies und jenes nicht gut genug zu können usw.
Das bewusste Wahrnehmen wie viel von meinen Gedanken mir gegenüber abwertend, kritisierend und negativ waren, war zunächst einmal ein Schock. Bzw. war es ein Schock zu sehen, dass es eigentlich auch anders möglich ist und, dass es einen anderen Weg gibt, sein Leben zu leben. Wie ich an anderer Stelle schon beschrieben habe, war es für mich auch hilfreich neben den Affirmationen mit Achtsamkeit, Mediation, dem Nicht-Identifizieren mit Gedanken und vor allem mit Empathie für mich selbst zu arbeiten.
Trotzdem ist der erste Schritt sich bewusst zu werden, was und wie ich eigentlich mit mir selber rede. Louise Hay sagt, dass der Punkt der Kraft immer in der Gegenwart liegt. Egal wie lange man schon an einem Problem, Krankheit und alten Gedanken und Verhaltensmustern „leidet“, im Hier und Jetzt kann man beginnen es anders zu machen. Man kann sich zum Training immer wieder fragen: „Was denke ich gerade. Möchte ich dass dieser Gedanke meine Zukunft gestaltet“? Es hat bei mir lange gedauert und ist jetzt auch noch immer Thema, dass ich es langsam schaffe immer sanfter, liebevoller und wertschätzender mit mir umzugehen.
2. Selbstliebe
Die „simpelste“ aber sicher nicht „einfache“ Art von Affirmationen ist, sich vor dem Spiegel zu stellen, sich in die Augen zu schauen und sagen zu können “Ich liebe mich“ oder „Ich, (Name), liebe mich, mit allen Anteilen und genauso wie ich bin”.
Byron Katie, eine weiterer Selbsthilfe-Guru aus den USA, schrieb ein Buch mit dem Namen “Lieben was ist”. Sich selbst und seine momentane Lebenssituation bedingungslos und zu 100% anzunehmen und zu lieben ist leicht gesagt, aber wie macht man das?
Für mich sind Affirmationen ein Weg. Aber noch mehr half mir zu sehen, dass ich, bzw. meine Persönlichkeit nur ein Teil meines Da-Seins ist, und es auch noch einen über mich als Person hinausgehenden, mit allem Leben verbundenen Teil gibt.
Ich kann mich lieben, weil ich ein Ausdruck des Wunders des Lebens bin, sowie jeder andere Mensch, alle Tiere, Pflanzen, Mineralien und Wunder, die wir tagtäglich (er-)leben dürfen. Im Endeffekt geht es bei allen Zugängen und Methoden, die ich auf dieser Webseite vorstelle, darum.
Bezüglich auf Heilung hat Louise Hay in einer Meditation einmal gesagt, dass es ein Bild gibt. „Stell dir vor in deinem Herzen ist ein endlos sprudelnder Brunnen von Liebe. Der Nachschub von Liebe ist grenzenlos. Es ist soviel Liebe da, dass du das gesamte Universum heilen könntest, aber jetzt entscheidest du dich zunächst einmal dich selbst zu heilen“. Mir gefällt das Bild, weil Liebe nicht weniger wird, je mehr man gibt, im Gegensatz zu Zeit, die begrenzt ist. Ich kann nicht mit allen Menschen, die ich mag und die mir wichtig sind, endlos Zeit verbringen, aber ich kann für alle genug und ausreichend Liebe empfinden. Allein das ist ein wunderbares Gefühl und gab mir sehr viel Kraft als ich durch Chemotherapie sehr wenig machen konnte.
Ein Glaubenssatz, den ich lange Zeit hatte, war dass Menschen nur durch Feed-back, Kritik, Selbstreflexion und „harter Arbeit“ an ihren „negativen“ Seiten arbeiten und sich bessern können. Diesen Satz konnte ich mit dieser Arbeit langsam Stück für Stück hinter mir lassen. Heutzutage z.B. wenn ich im sozialen Bereich tätig bin, fällt es mir durch mehr Selbstakzeptanz leichter, Feedback anzunehmen und auch zu geben.
Je mehr ich signalisiere, dass ich andere Menschen grundsätzlich als Teil des Ganzen und damit auch als Teil von mir verstehe, desto mehr kann ich Verhaltensweisen als Produkt des derzeitigen Bewusstseins-zustand und „Pakets“ von Sozialisation und Entwicklung verstehen. Und wenn ich das bei Anderen kann, kann ich ja auch meine eigenen Verhaltensweisen, Muster und emotionalen und psychischen Konditionierungen als Produkt meiner Entwicklung, Traumata, Geschichte und im Kontext der gesellschaftlichen Rahmenbedingungen und -strukturen verstehen, und durch Selbstliebe und Akzeptanz versuchen das aufzulösen, was mir und meiner Gesundheit nicht dienlich ist.
Louise L. Hay sagt in einer Meditation, dass in ihrer Wahrnehmung die Wurzel aller Probleme in Selbsthass, Angst, Scham und Schuldgefühlen wurzelt. Je mehr wir davon haben, desto schwieriger wird unser Leben. „I find that resentment, fear, guilt and shame create more problems in our bodies and in our experiences then anything else.”
Ich bin der Meinung, sich selbst anzunehmen und wertzuschätzen, mit all dem was einem ausmacht, ist eine Grundlage für den Weg zu mehr Gesundheit und Zufriedenheit.
3. positive Affirmationen
Louise Hay vergleicht die Arbeit mit Affirmationen damit, Samen zu sähen. Wenn wir guten Boden haben, genug Wasser und Pflege, dann vertrauen wir darauf, dass die Samen aufgehen werden. Diese Metapher mit den Samen,kenne ich auch aus dem buddhistischen Kloster und dem sozial engagierten Buddhismus Thich Nhat Hanhs.
Ich verstehe Affirmationen als einen Weg den internen Dialog in eine positive Richtung zu lenken. Zu lernen, sich selbst mehr so zu akzeptieren, wie mensch ist und damit im Körper für mehr Entspannungsreaktionen zu sorgen, was die Basis für Selbstheilungskräfte ist.
Louise Hay bietet verschiedene Materialien an, mit positiven Affirmationen zu arbeiten. Manche lagen mir mehr und Andere weniger. Noch besser und auch von Louise Hay empfohlen, ist es, eigene Affirmationen zu schreiben und auszuprobieren.
Für Affirmationen ist es wichtig, dass sie positiv und in der Gegenwart formuliert sind. also z.B. „ich fühle mich frei und voller Energie“ und nicht „ich werde mich bald wieder voller Energie fühlen“ oder „ich vertraue den grenzenlosen Selbstheilungskräften meines Körpers zu 100%“ anstelle von „ich möchte nicht mehr Krebs haben“ etc.
Ich habe einige Affirmationen auf Plakate geschrieben, verziert und in meinem Zimmer und der Wohnung aufgehängt. Auf dem Photo zu diesem Artikel habe ich ein paar dieser Plakate abfotographiert. Ebenso habe ich immer wieder Übungen vor dem Spiegel gemacht. Ich habe versucht mir in die Augen zu sehen und zu sagen „Ich liebe mich“ und nachgespürt,zu wie viel Prozent ich dieser Aussage in einem Tag oder zu einem Moment zustimme.
Wenn du damit arbeiten möchtest, kann ich dir das Buch, und die Aufnahme und geleitete Meditation, die ich unten verlinkt habe, empfehlen.
Ressourcen
Louise Hay – Assisting in your own healing CD Aufnahme (Englisch)
Louise L. Hay (2015): Wahre Kraft kommt von innen! Allegria im Ullstein Taschenbuch, Berlin, 5.Auflage
Keith I. Block, M.D. (2009): Life over cancer. The Block Center Program for Integrative Cancer Treatment. Bantam Dell, New York
[…] habe mit Louise Hays Ansatz dann viel daran gearbeitet, mir selber zu vergeben. Mir zu vergeben, dass ich mich ständig […]