„You are here to enable the divine purpose of the universe to unfold. That is how important you are!“ – Eckhart Tolle
Schon vor meiner Krebserkrankung war ich der Ansicht, dass jede Krankheit einen Sinn hat und Lernaufgaben bereithält. Zumindest dachte ich, ich würde dieses Verständnis haben. Aber trotz meiner oberflächlich positiven Einstellung, war auf einer tieferen Ebene so ein Gefühl von Sinnlosigkeit und Unfairness da, so als ob das Leben es speziell mit mir nicht gut meinen würde. Ich war sehr wütend und hatte verschiedene Glaubenssätze wie „ich habe besonders Pech im Leben“, „Klar, dass dir so etwas passiert“, „Nie funktioniert etwas“ oder „es ist so gemein, dass mein Leben so mühsam ist“ und viele ähnliche Attacken auf mich selbst.
Besonders der August im Sommer 2015 war für mich ein Supertief: Nur eine Woche nach meiner zweiten Operation am Bauch erfuhr ich, dass die Tumormarker wieder stiegen, was bedeutete, dass ich eine Hochdosis–Chemotherapie machen musste. Ich erinnere mich, dass ich mich so verletzlich und machtlos gefühlt habe.
Ich dachte, dass ich doch eh so positiv an die Sache/meine Erkrankung heranging, aber innen drinnen war sehr viel Groll und ich hatte noch nicht wirklich verstanden, dass ich, um zu heilen, eigentlich nichts wirklich tun musste, außer dem Leben zu vertrauen und das anzunehmen, was ist.
Es gab einen gewissen Punkt, der für mich der Knackpunkt war und der etwas in mir geöffnet oder aufgemacht hat, durch das neue Lernerfahrungen möglich waren. Das würde ich von meinem heutigen Standpunkt aus durchaus als „Neugeburt“ bezeichnen, seitdem bin ich ein ziemlich anderer Mensch bin davor.
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Louise Hay sagt in einer ihrer Morgenmeditation so etwas wie: wir können nie wissen, was dieser Tag an kleinen und großen Überraschungen, für uns bereit hält. Das traf für mich besonders auf einen speziellen Tag im September 2015 zu. Nie hätte ich am Morgen in meinem Spitalzimmer damit gerechnet, dass mein Tagesausflug in das allgmeine Krankenhaus (AKH) in Wien so bereichernd sein würde.
Dieses Schlüsselerkenntnis hatte ich also im AKH auf der Station für Transfusionsmedizin. Dort, mit zwei dicken Schläuchen aus dem Hals stehend, lag ich, um in einem Zellseparator meine Stammzellen aus dem Blut zu ernten, die ich für die Hochdosis-Chemotherapie brauchte. Ich bekam eine richtige VIP-Behandlung. Eine sehr liebe und kompetente Krankenpflegerin namens Jana war nur für mich zuständig. Ich lag also im Bett und habe das Buch „Wahre Kraft kommt von innen“ von Louise Hay gelesen, das ich kurz davor von einer sehr lieben Freundin bekommen habe. In dem Buch geht es darum, durch Eigenliebe und Selbstakzeptanz die körpereigenen Heilungskräfte zu stärken. Ich hatte verschiedene Bücher dabei, aber „zufällig “ habe ich dieses ausgewählt zum Lesen. Schwester Jana sprach mich auf das Buch an, da sie sich selbst auch sehr viel mit spirituellen Themen und der Bedeutung von Krankheit beschäftigt. Wir beginnen lange über Krankheiten, Gesundheit und deren Sinn zu sprechen. Sie hat zu mir in etwa so etwas gesagt: „Weißt du Lukas, ich sehe so viele Menschen mit so schlimmen Krankheiten, es gab eine Zeit da war ich sehr betrübt darüber, aber irgendwann habe ich gelernt, von einem höheren Standpunkt aus, macht alles Sinn, es muss Sinn machen.“ Ich stimme ihr zu, da ich diese Philosophie ja auch habe bzw. geglaubt hatte, es schon verstanden zu haben.
Dann erzähle ich ihr, dass ich so berührt bin, weil es so viele gute Freund_innen und liebe Menschen in meinem Leben gibt, die mich sehr unterstützen. Ich frage mich aber, ob es ihnen mit der Zeit nicht anstrengend oder langweilig wird, da ich nun schon so lange krank bin. Ich erzähle ihr, dass ich mich frage, ob ich nicht schon irgendwie eine Last bin.
Darauf sieht mich Jana – die nur ein paar Jahre älter als ich ist – gutmütig an, so als ob ich ein naives Kind bin. Sie sagt mir: „Ach Lukas, denkst du wirklich so? Es ist genau das Gegenteil der Fall. Durch deine Krankheit profitieren alle Menschen, die dich begleiten auf verschiedenen Ebenen enorm. Und das, ohne dass du einen Finger rühren musst. Sieh es doch mal so“.
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Diese Aussage traf mich mit voller Wucht und ich beginne zu weinen. Irgendetwas ist in diesem Moment passiert. Eckhart Tolle, zu dem ich später komme, würde wahrscheinlich sagen, für eine kurzen Moment ist mein „Ego“ kollabiert. Ich konnte sehen, dass „ich“ mehr bin als nur dieser Körper mit dieser Lebenssituation und -erfahrung.
In diesem Moment habe ich es wirklich gefühlt und verstanden. Dass ich krank wurde, ist nicht sinnlos. Es ist eine wichtige Erfahrung und meine Aufgabe ist es, „einfach“ damit umzugehen. Eine Aufgabe, die schwierig genug ist. Für mich als sehr sozialen Menschen war es der Knackpunkt zu hören, dass auch andere Menschen durch mich profitieren. Sie profitieren, einfach weil ich diese Aufgabe habe und damit umgehen muss, und nicht nur wenn ich etwas besonders gut, richtig oder toll mache. Ich habe verstanden, dass alles Sinn macht eigentlich nichts schief gehen kann, und habe mich total geliebt und glücklich gefühlt.
Von diesem Moment an sind viele Dinge viel einfacher gegangen. Ich hatte das Gefühl, dass sich alles wie von selbst fügt und ich nicht wirklich großartig etwas machen muss. Ich habe mich „dem Leben hingegeben“ wie Eckhart Tolle sagen würde.
In den folgenden Artikeln bei den Erkenntnissen möchte ich auf die verschiedenen Lernerfahrungen eingehen:
- Ich habe mit Louise Hay/Ajahn Brahm/Tara Brach und vielen anderen Lehrenden gelernt, dass ich noch mehr lernen will, mich selbst bedingungslos anzunehmen und zu lieben.
- Ich habe gelernt, dass wir alle die Fähigkeit haben uns und andere zu heilen, im Sinne von mehr innerlichen Frieden und Ruhe zu finden.
- Ich habe gelernt besser hinzuspüren und offen zu sein dafür, was eine Krankheit/ ein Zustand/ein Ereignis mir sagen möchte und nach der Bedeutung zu fragen. Ich habe gelernt, dass wahre Heilung nichts mit dem Verschwinden von Symptomen zu tun hat.
- Ich habe besonders durch/mit Eckhart Tolle verstanden, dass im Hier und Jetzt Wunder möglich sind. Und dass meine Krankheit ein Weg ist und ich mit meiner Geschichte Teil einer kollektiven Evolution von Bewusst-sein sein kann, wenn ich lerne mehr und mehr Präsenz im Hier und Jetzt zu erzeugen.
- Ich habe durch Eckhard Tolle gelernt, dass es zwei Ebenen in uns gibt. Das Ego, als unser Bewusstsein, eine eigenständige Person mit einer Geschichte und Identität zu sein und das Ich im universellen Sinn, als einfach das Bewusstsein, dass alle Erscheinungen und sich selbst wahrnehmen kann. Dieses ist mit allen anderen Lebewesen und Formen verbunden. Zu erkennen, dass es neben der Ego-Ebene und der konkreten Lebenssituation noch mehr gibt, war eines der heilsamsten Dinge überhaupt für mich.
- Ich habe durch Jon Kabat Zinn, Eckhart Tolle und Thich Nhat Hahn gelernt, was es heißt zu meditieren und mehr im Hier und Jetzt zu leben.
- Ich habe durch Anita Moorjani und Thich Nhat Hahns socially engaged buddhism verstanden, dass wir auf diesem Planeten und Universum alle miteinander verbunden sind.
- Ich habe durch Anita Moorjani und ihre Geschichte eines Nah-Tod-Erlebnisses gelernt, dass wir vor Tod und Sterben keine Angst haben müssen.
- Und noch vieles mehr
Lange Rede kurzer Sinn
Was meinem Verständnis nach allen spirituellen Zugängen gemein ist, ist die Erkenntnis, dass sich Antworten und Lösungen für Fragen des Lebens nur im Inneren finden lassen.
Dieser spirituelle Zugang ist ja auch nichts grundlegend unlogisches/weltfremdes. Viele therapeutische Richtungen arbeiten daran, Menschen zu unterstützen mit allen ihren Anteilen und ihrer Geschichte in Kontakt zu kommen, sie zu integrieren und einfach ein authentisches Wesen zu sein.
Viele Menschen wollen die Welt /das Außen verändern und zu einem besseren Ort machen. Früher war ich auch sehr auf das Außen fokussiert. Auf dieser Webseite und bei den Artikeln in der Kategorie „Spiritualität“ reflektiere ich, dass mich mich „Innen uns Außen“ zusammenhängen. Spiritualität bzw. eine tiefere Verbindung mit „dem, was hinter den wahrnehmbaren Dingen steht“ hat mir einfach geholfen, dass sich auch im Außen meiner Welt Dinge transformieren.
Diese Essenz ist für mich das Hier und Jetzt. Alles worüber ich hier schreibe, war und ist für mich extrem hilfreich und bedeutend gewesen und vielleicht ist es das auch für jemanden von euch!
Nochmals: Für mich war ein Knackpunkt, an dem ich verstanden habe, das alles Sinn macht ein Gespräch mit einer weisen Krankenpflegerin über meine Freund_innen. Für andere Menschen, für dich, ist vielleicht etwas anderes der Knackpunkt mit und durch den du wirklich einen Schritt weiterkommst und etwas Entscheidendes über dich verstehst. Egal was es ist, ich bin überzeugt davon, dass wir alle auf einer Reise durch das und unser Leben sind und mit der Zeit immer tiefer gehen, wenn wir das wollen.
Wenn wir offen sind, dürfen wir zum richtigen Zeitpunkt, Erkenntnisse haben, die uns weiterbringen. Falls du gerade durch einen Krise gehst oder dich von Dingen überwältigt fühlst, und ein Gefühl oder einen Gedanken hast wie: „Wozu der ganze Scheiss?“; vertraue darauf, dass du daraus Lernerfahrungen mitnehmen wirst, die dir und anderen noch große und kleine Dienst in der Zukunft erweisen werden. Das Zitat von Eckhart Tolle, mit dem dieser Artikel eingeleitet wird, bringt das für mich auf den Punkt. Du / deine Erfahrung / deine Geschichte und Lernprozesse sind wichtig. Du bist hier damit sich der höhere Zweck / die Absichten des Universums entfalten können. So wichtig bist du!
Man sollte die Hoffnung nie aufgeben.
Liebe Gruesse
Monika
Lieber Lukas,
ich freue mich, Deinen Blog gefunden zu haben… mit den Dingen, mit denen Du Dich beschäftigst, beschäftige ich mich auch, besonders seit ich letztes Jahr an ME/CFS erkrankt bin. Die Aussage von Jana hat mich sehr berührt… ich konnte neun Monate lang so gut wie nichts „leisten“, nur liegen, und natürlich fragt man sich da, ob dieses Leben nicht eine Zumutung für die anderen ist… ich habe auch „Full Catastrophe Living“ gelesen und es hat die Basis für meine Heilung gelegt, da bin ich sicher – es dauert noch, aber es kommt, immerhin!
Ich bin ein sehr aktiver, ja unruhiger Mensch, habe ich durch die Krankheit gelernt, meditieren ist eine tägliche Herausforderung für mich – du bist schon weiter, glaube ich, hast mehr Ruhe und das spornt mich an – ich freue mich auf neue Beiträge!
Alles Gute Dir weiterhin!
Carola
Hallo Carola!
Ich freue mich so über deinen Kommentar! Danke dass du von deiner Geschichte berichtest. Es ist sehr belastend, sich so schwach zu fühlen und damit umzugehen ist nicht immer einfach. Ich hatte das während der Chemotherapie auch sehr lange. Ich bin mir sicher,dass du schon auf einem guten Weg bist,von dem was du schreibst!
Ich würde nicht sagen,dass ich weiter bin als irgendwer.Ganz im Gegenteil 😉 Es geht mir auch momentan körperlich wieder sehr gut und ich kann vieles machen,da ist es dann auch „leichter“ präsent zu sein! Ein Ding dass ich durch meine Geschichte noch gelernt habe,war dass wir uns nicht vergleichen sollen haha. eine immer wieder schwierige Aufgabe! Vielleicht gefällt dir auch Eckhart Tolle und Louise Hay? oder du kennst sie eh schon!
Ich wünsche Dir auch alles Gute! Ich freue mich sehr wenn der Blog etwas Inspirierendes für dich enthält !
Ganz liebe Grüße aus Wien
Lukas
Hallo, Lukas,
danke für Deine Antwort! Freut mich! Ja, ich habe Tolle und Hay gelesen- und du hast völlig Recht: nicht vergleichen!! Das steckt nur ganz schön drin in einem… Ich fand auch das sehr schön gemachte Buch über Selbstheilungskräfte von Josef Ulrich sehr inspirierend – ein Psychoonkologe, vielleicht kennst du ihn? Ich habe ihn ganz am Anfang meiner Erkrankung gelesen und genau wie Kabat-Zinn hat er mir geholfen, den Glauben an die Kraft, die in mir steckt trotz allem, die „Schöpferkraft“, wie er es nennt, nicht aufzugeben…
Durch einen neueren Beitrag von dir bin ich auf den Link zu der Meditation aus Plum Village gekommen – sie tut mir unheimlich gut, ich genieße sie wirklich, danke dafür!! Und gerade habe ich einen Link zu den Plum Village Songs, die ich durch dich gefunden habe, in meinem Blog veröffentlicht – ich finde sie auch total entspannend – ich wollte schon lange mal dahin gehen und dein Beitrag motiviert mich das wirklich mal zu tun!
Ganz liebe Grüße zurück aus dem tiefen Süden Deutschlands – frohe Weihnachten, lieber Lukas!
Carola
Wundervoller Blogbeitrag. Freue mich weitere Blogs von dir lesen zu dürfen!
Danke Hammelus. Das Freut mich 🙂 lg